Es gibt kaum noch unbeschriebene Orte auf der Erde, unsere Welt ist kartographiert, vermessen und klassifiziert. Dennoch gibt es unzählige blinde Flecken auf unseren Karten. Verlassene Orte, zwischen Abriss und Neuanfang. Vergessene Orte, die Potentiale, Nischen und Biotope bergen. Welche Wesen könnten sich in diesen Laboren entwickeln? Welche neuen Spezies könnten hier entstehen? Welche Mutationen sind denkbar, im Schatten des langsamen Verblassens einstiger Funktionen? Seien es tierische Kreaturen, ausgestopfte Sirenen, gezähmte Viecher, Chimären, hundeähnliche Geschöpfe oder sich wie Tolle gebärende, schießwütige, in einem bestimmten Rhythmus tanzende Kreaturen, die auf der Straße leben und die von nahem wie Affen aussehen. ‘A Brand New Species’ beschwört und befragt diese Wesen gleichermaßen. Was verraten sie uns über den Ort, der sie hat entstehen lassen? Und was verraten sie über uns, die wir sie haben entstehen lassen? Welchen ‘Brand New Species’ werden wir in den Turley Baracks begegnen?
Konzept und Choreographie: Rose Beermann
Von und mit: Abdullah Erdogan, Raimunda Gudaviciute, Anja Sauer und Iva Sveshtarova
Dramaturgie: Susanne Zaun
Sounddesign: Matthias Meppelink
Lichtdesign: Camilla Vetters und Stine Hertel
Produziert und uraufgeführt im Rahmen des schwindelfrei-Festivals auf den Turley Barracks in Mannheim, gefördert vom Institut für Angewandte Theaterwissenschaft, dem Landesverband Freier Theater BW e.V. und der Crespo Foundation.
Pressestimmen:
‘Wie wär’s denn mit ein bisschen Bewegung im Raum?’ Niemand rührt sich. […] Die Frauenstimme redet weiter, von irgendwo, auf Englisch: ‘Ich sehe euch. Schaut euch gegenseitig an!’ Eine Zuschauerin zieht beherzt an einem hängenden Seil; ein ‘Danke’ ertönt. Komisch, peinlich und unheimlich zugleich. Das Spiel um ein Beobachten und Beobachtetwerden thematisiert Rose Beermann in ihrer Performance ‘A Brand New Species’. Im Frankfurt LAB zeigte sie fast fünfzig Interessenten in einer offenen Probe das Zwischenergebnis von vier Wochen Arbeit mit Darstellern, Objekten, Dramaturgin, Sound- und Lichtdesignern. […] Nach dieser Einführung ruft die gesichtslose Ansagerin die ‘Objekte Nummer eins, zwei, drei’. Drei Menschen in schwarzen engen Ganzkörperanzügen tappen durch eine trostlose Landschaft voller Plastikfolienhügel. Die gesichtslosen Wesen machen sich mit ihrer Umgebung gemein, wickeln sich in die Folien und behängen sich mit herumliegenden farbigen Kordeln, geben das aufrechte Zweibeinertum auf, purzeln, kullern, knicken in der Mitte ein, einer rüsselt mit einen kleinen Schlauch in der wedelnden Hand umher. […] Diese Spielwiese verkleideter Leute hat offenbar nichts Spektakuläres im Sinn. […] ‘Wie sich ein Körper bewegt und warum überhaupt’, interessiert sie (Rose Beermann) und nennt ihre Darsteller ‘Mover’. Beermann zielt auf kleine Abweichungen vom Üblichen in der Bewegung, die Blick und Verstand beim Zuschauer anregen sollen. Gieren wir als Entdecker und Erforscher nicht geradezu danach?
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 11.09.2012
In ‘A Brand New Species’ entdeckte die Choreografin Rose Beermann die verlassene Snack Bar und den angrenzenden ehemaligen Ladenkiosk. Interaktion mit dem Publikum, Einbeziehung des Raumes und Erkundung neuer Bewegungssprachen: Diese aktuellen choreografischen Herausforderungen wurden von der jungen Heidelbergerin in ihrem Stück mit Fantasie und Witz abgearbeitet. Vier merkwürdige Wesen in schwarzen Trikots werden dabei zu immer menschenähnlicheren Subjekten.
Rhein-Neckar-Zeitung, 17.09.2012
Fotos: Matthias Meppelink / Gerold Meppelink